Nie mehr selbst Schuhe putzen

Schuhe richtig putzen: Das heißt nicht, mit dem Schwämmchen von Erdal Frog über die Schuhe gehen oder mit anderen Mittelchen künstliche Glanzschichten übereinander zu stapeln.

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Es bedeutet viel mehr, mit viel Mühe, noch mehr Schweiß und verschiedensten Wachsen und Wichsen dem Leder an Leder zu gehen. Bei der Bundeswehr konnte man früher noch lernen, seine Stiefel richtig zu wienern. Tat man das nicht, durfte man dafür schon einmal ein Wochenende in der Kaserne mit Schuhputzen verbringen, statt mit Freunden in die Disco zu gehen. Nach dem Wehrdienst nahm allerdings dann der Ehrgeiz druckbedingt ab und der Glanzschwamm bequemlichkeitsbedingt zu.

Wo kann man also heute noch so richtig lernen, Schuhe zum Glänzen zu bringen? Sicherlich in der Türkei , dem Eldorado der Lederpfleger. Mit ihren – sicherlich zur Freude des Präsidenten – zumindest optisch aus der osmanischen Zeit stammenden Schuhputzkästen ziehen sie die notwendige Aufmerksamkeit auf sich, um dann zu der alles entscheidenden Frage zu kommen: „Schuhe putzen?“. Diese Frage wird den unbedachten Deichmann-Träger nur wenig zum Nachdenken bringen. Bezieht man seine Fußschoner allerdings aus handgefertigter ungarischer oder gar italienischer Produktion, wird man vor der Auftragserteilung klar abwägen, was wohl aus dem Schuhwerk wird.

Ringt man sich zu der Entscheidung durch, sagt man sich: Richtig glänzen wäre ja doch mal ganz toll. Vielleicht verbindet man die Erwägung mit einer zurechtgelegten Ausrede für zuhause: Geschecktes Leder ist in diesem Jahr ganz modern. Die Sorge wächst mit der Abgabe der Schuhe und der aberwitzigen ersten Aktion des Schuhputzers. Er nimmt die Schnürsenkel heraus. Haben Sie jemals – außer sie waren bei der Bundewehr und wollten in die Disko – die Schnürsenkel herausgenommen? Und gehen die wohl wieder so rein, wie sie waren? Als die dritte Creme aus einer unterschiedlichen Dose durcheinandergemischt auf dem Schuh landet, beginnen die Überlegungen, ob das nicht doch dem Leder schadet und ob die Stoffe wohl alle rückstandfrei abbaubar und aus ökologisch verträglicher Produktion sind. Inzwischen haben die Cremes eine leichte Feuchtigkeitsnote in den Schuh gebracht. Das bringt tatsächlich diese Verfärbung mit sich, die wir bereits als Schecken befürchtet hatten. Jetzt am Besten gar nicht mehr hinsehen. Diverse Schwämme und Tücher werden benutzt. Es wird gescheuert, gerieben und poliert.

Das Ergebnis erstaunt: Das Handwerk ist nach einer gefühlten halben Stunde dem glänzenden Schein deutlich überlegen. Und der Preis stimmt auch. Für drei Euro glänzen die Schuhe wie nie zuvor. Sie sind tiefenimprägniert und beeindrucken durch Anblick und Geruch. Ein Dienstleistungsmodell für Deutschland? Ja, allerdings mit Gewerbeschein, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Renten- und Krankenversicherung, Haftpflichtversicherung und Kammerbeitrag würde es bei uns sicherlich etwa 15 Euro kosten. Und dafür putzen wir dann doch lieber selber, allerdings mit dem Glanzschwämmchen und in 30 Sekunden.

AM9A7282

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